Institute of Mechanics - Department of Civil Engineering, Geo and Environmental Sciences

Entwicklung geometrisch nichtlinearer Interface-Elemente zur Fluid-Struktur-Kopplung basierend auf einer analytischen Fluidbeschreibung

  • contact: Dipl.-Ing. Marc Haßler
    Prof. Dr.-Ing. Karl Schweizerhof
1 Motivation
Fluidgestützte Membran- oder Schalenstrukturen finden heutzutage vielseitig Anwendung
1.1 Automobilindustrie
Eine Technik, welche in der Automobilindustrie zunehmend an Attraktivität gewinnt, ist das sogenannte Hydroforming, wo mit Hilfe von Flüssigkeitsdruck ein Werkstück gegen eine Matrix gepresst wird. Durch den Fluiddruck kann eine sehr viel gleichmäßigere Dickenverteilung im Werkstück erzielt werden als durch konventionelle Tiefziehprozesse.

Bild 1.1: Hydroforming
1.2 Bauingenieurwesen
Im Bereich des konstruktiven Bauingenieurwesens sind fluidgestützte Schalen unter anderem für die Bemessung von Traglufthallen oder von Druckluftbalken von großer Bedeutung.

Bild 1.2: Traglufthalle
1.3 Wasserbau
Hier haben sich innerhalb der letzten Jahrzehnte gegenüber konventionellen Wehrverschlüssen die sogenannten Schlauchwehre (nicht nur aufgrund der monetären Vorteile) etabliert. Diese bestehen aus einer dünnen, gewebeverstärkten Gummischlauchmembran, welche entweder mit Gas oder Wasser befüllt wird und so einen sehr flexiblen Wehrkörper bildet.

Bild 1.3: Schlauchwehrsystem nach Bridgestone
2 Kurzfassung
Ziel dieser Arbeit ist u.a. die Kopplung kompressibler Fluide mit einer elastischen Struktur. Hierbei wird die Geometrie des Fluids über Oberflächenintegrale der umgebenden elastischen Struktur beschrieben, was eine analytische und somit netzfreie Einbettung in einen bestehenden Finite-Element-Code erlaubt. Hierbei liegt ein Hauptaugenmerk vor allem auf den inneren Zustandsvariablen des Fluids. Sowohl die Dichte rho als auch der Druck pf im Fluid hängen von der Form und Größe des augenblicklichen Volumens v ab. Eine Änderung der Geometrie durch äußere Belastungen hat somit auch eine Änderung der inneren Zustandsvariablen als Folge.

Bild 2.1: Elastische Schalenstruktur mit eingeschlossenem kompressiblen Fluid im Schwerefeld g.
(a) Anfangszustand und (b) momentaner Zustand unter äußerer Last.
3 Numerische Beispiele
3.1 Aufblasen einer vorgefalteten Membran
Mit Hilfe eines Kolbens, welcher das Volumen v des Systems kontinuierlich reduziert, wird der Druck pf des Fluids in der Schlauchmembran erhöht, was dazu führt, dass die Struktur sich langsam aufbläht. In der rechten Abbildung 3.2 sind die bezogenen Systemvariablen in Abhängigkeit der Belastungszeit für drei unterschiedliche FE-Netze aufgetragen.

Bild 3.1: Aufblasen einer vorgefalteten Membran Bild

3:2: Verhältnisse der momentanen Systemvariablen
über ihren Anfangswerten aufgetragen über der Zeit t
3.2 Mehrkammersysteme
Die konstitutiven Gleichungen, welche zunächst nur für eine fluidgefüllte Kammer (vgl. Bild 2.1) hergeleitet wurden, können relativ problemlos auch auf Mehrkammersysteme erweitert werden. Hierbei können Fluid- und Gasfüllungen in beliebigen Kombinationen auftreten. Bild 3.3 zeigt ein solches Mehrkammersystem bestehend aus zwei Fluidfüllungen und einer Zwischenschicht aus Gas. Ein Kolben setzt die untere Kammer wieder unter Druck. In der rechten Abbildung 3.4 sind die bezogenen Systemvariablen in Abhängigkeit der Belastungszeit für drei unterschiedliche FE-Netze aufgetragen.

Bild 3.3 Mehrkammersystem unter Fluiddruck

Bild 3.4: Verhältnisse der momentanen Systemvariablen
über ihren Anfangswerten aufgetragen über der Zeit t

4 Ausblick

4.1 Automatische Kammererkennung

Probleme bereiten noch Systeme, in denen es während der Belastungsgeschichte zu einer Trennung bzw. Vereinigung der einzelnen Fluidkammern kommen kann. Ein Algorithmus, der geschlossene Kammern erkennen soll, bildet somit einen Schwerpunkt späterer Studien.

4.2 Kontaktalgorithmen

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Implementierung von Kontaktalgorithmen, um z.B. die Faltenbildung einer aufgepumpten Membran in einer 3D-Simulation zu erfassen.

4.3 Anisotropes Materialgesetz

Des Weiteren soll das Modell um ein anisotropes Materialgesetz, welches die Faserverbundstruktur der gängigen Membranmaterialien beschreibt, ergänzt werden.